Erste Hochzeit mit Leica M9

Erste Hochzeit mit Leica M9

Vorgeschichte

Puh – die erste Hochzeit, bei der ich zusätzlich zum vorhandenen noch ein alternatives Kamerasystem im Einsatz hatte, liegt nun hinter mir und ich versuche mal einen kleinen „Erfahrungsbericht“ zu schreiben. Vorweg: Es wird hier keine 200 %-Ansichten von Schattenbereichen geben, um Rauschen zu entdecken. Das mache ich grundsätzlich nicht und hätte wohl auch hier meinen „Ersteindruck“ – welcher für mich Entscheidend war – im Nachhinein beeinflusst.

Seid 2 Wochen rund besitze ich die Leica M9, welche ich mir nach einer Phase von „Ich möchte wissen, was am Mythos Leica dran ist“ zugelegt habe. Recht schnell entdeckte ich auch einige Fotografen, die mit dieser Kamera sogar Hochzeiten fotografierten. Mit einer Kamera die bei ISO 1000 kaum noch zu verwenden sei und die bei ISO2500 abriegelt. Zugegeben – das letzte was ich mir für Hochzeiten vorgestellt hatte war eine Leica 🙂

Ich wollte aber nicht auf das Internet und seine Verschwörer hören sondern wollte mir selber die Nase platt laufen. So packte ich also am letzten Freitag abends meine Kameratasche und neben meinem Nikon-Besteck fand ganz in der Ecke der kleine Metallklumpen mit 3 Akkus Platz.

Das manuelle fokussieren mit dieser Kamera hatte ich in den letzten zwei Wochen ein bisschen verinnerlicht, hätte aber nicht behauptet, dass ich sehr sicher im Umgang mit Distanz usw. war. Insofern war die Idee, die Kamera um den Hals baumeln zu lassen und in allen erdenklichen Situationen ( beim Getting ready, in der Kirche , beim Portraitshooting und auf der Feier ) mal einzusetzen. Wichtig war mir vor allem das entfesselte blitzen, da ich das sehr oft und gerne beim Brautpaarshooting als Kreativ-Komponente einsetze und auch auf der Tanzfläche. Bei aller Esoterik war einer meiner Ansprüche, dass ich nicht diese Möglichkeit der kreativen Fotografie verliere. Ein Yongnuo RF602 ( Sender, Empfänger ) war die Lösung für meine Ansprüche. Damit kann ich jeweils einen Yongnuo-Blitz ( von denen ich eine beachtliche Sammlung mein Eigen nenne )  entfesselt auslösen und weitere z.b. auf der Tanzfläche im Slave-Modus ansteuern )

Der Tag der Wahrheit

Schon beim Getting Ready sah ich die verwirrten Blicke der Braut, die auf die Kamera schaute und meinte, die wäre beim letzten mal aber noch größer gewesen. Ich fotografierte los und merkte schnell, wie sauber das fokussieren klappt. Vorweg – ich habe an dem Tag rund 350 Bilder mit der Leica gemacht, und vielleicht 15 waren nicht sauber auf den Punkt fokussiert. Gerade, wenn man auf der Tanzfläche ein bisschen abblendet ( f4 im Beispiel ) hast du schon recht viel in der Fokusebene.

Es machte einfach  – Spass. First Look …. jawoll….hat auch geklappt. Es fühlt sich vorteilhaft an, einfach keinen Autofokus zu besitzen, welcher vielleicht im entscheidenen Moment doch daneben langt. Das war ein echt angenehmes Gefühl. Ich bewegte mich so im Bereich ISO 640 und bei rund 1/125 oder 1/60. Es war recht hell und so lief die Kamera noch im Automatik-Modus ( automatische Wahl der Verschlusszeit )

Dann ging es ins Portraitshooting ( ja richtig – aus Zeit und Wettergründen VOR der Trauung ) Hier gibt es nicht viel zu sagen, weil man einfach eine sehr kontrollierbare Situation hat. Keiner läuft ungewollt hin und her aber auch hier war der Spass-Faktor ungleich höher als mit der Nikon. Hier kam auch schon das erste mal ein bisschen mobiles Licht ( LED-Panel ) zum Einsatz.

Dann ging es in die Kirche. Ein erster Blick ins Innere offenbarte mir: „Alter, hier ist dunkel“ Ich checkte mit meiner Nikon vor und kam bei ISO 3200 gerade mal so bei f1.8 auf eine max. 1/125 sek. Um keine Bewegungsunschärfe zu bekommen musste ich die Leica echt hochdrücken, habe mich aber „nur“ bis ISO2000 getraut – die meiste Zeit lag ich bei ca. ISO 1250 und behielt die 1/125 sek. Ich las mal, dass man lieber in der Post ein bisschen die Belichtung hochzieht als das man mit maximaler ISO fotografiert. Im Nachhinein eine gute Lösung. Teils konnte ich Bilder aus der Kirche um rund 1 1/2 Blenden pushen ohne, dass sich das Bild merklich verschlechterte.

Zuletzt benutzte ich die Leica dann beim Tortenanschnitt und auf der Party. Ich hatte zwei Blitze auf Stativen diagonal zueinander gerichtet aufgestellt und hatte so aus fast jeder Ecke genug Licht und die Kamera bei max. ISO 1000 zu betreiben. Wichtig war mir hier auch – da ich es liebe bei der Tanzparty aus allen möglichen und unmöglichen Ecken zu blitzen – dass ich Licht dorthin bekam, wo ich es wollte. Also lief und kroch ich dann mit der Leica in der einen und nem entfesselten Blitz in der anderen über die Tanzfläche und fühlte mich irgendwie „frei“…..Blende 4, Distanz auf rund 1,5 meter und rein in die Topf. Es macht richtig Spass, mit der Leica hier mal sich einfach reinzuwerfen.

Was geht – was geht nicht ?

Nun, die Kamera limitiert denjenigen der sie benutzt. Man sollte nicht so einen Unsinn machen und sie mit einer aktuellen DSLR oder Systemkamera zu vergleichen. Mann muss einfach wissen, wo die Grenze liegt. Wenn man in einer düsteren Kirche ohne Blitz arbeiten muss, dann wird man mit der M9 bei 1/60 und ISO nicht so saubere Bilder bekommen wie man es von aktueller Technik gewöhnt ist. Das muss man wissen, ob man sich das leisten kann und will. Man muss wissen, dass man mit dieser Kamera Momente verpassen wird – ganz einfach. Serienbild ist gefühlt EIN Bild PRO Sekunde. Man muss einfach noch mehr konzentriert sein und auf Situationen reagieren. Nun stellt sich die Frage, warum man so eine Kamera überhaupt einsetzen sollte, wenn man doch aktuellste Technik sein Eigen nennt.
Antwort: Eine Gute Frage ! So ganz kann ich das auch nicht zufriedenstellend beantworten. Ich würde jetzt mal behaupten, dass das Brautpaar nicht erkennen wird welche Bilder mit der Leica und welche mit der Nikon gemacht wurde. Und JA: Das Brautpaar bekommt von mir auch die Bilder der Leica.

Wichtig ist für mich der Entstehungsprozess – und der machte mit der Leica einfach riesigen Spass. Man fühlt sich als Teil des Bildes. Kommt wohl durch das manuelle fokussieren, dieses mechanische Geräusch, wenn der Verschluss gespannt wird – alles eine Nummer entspannter.

Die technischen Nachteile gegenüber meiner Nikons ist unbestritten, hat mich aber nicht gehindert Momente zu fotografieren, die den Tag des Brautpaares zeigen.

Nun muss man am Ende der Geschichte wissen, was man verkauft: Technisch hochwertige Bilder, emotionale Momente oder eine Mischung aus Beidem. Wenn es Richtung des letzteren tendiert, dann ist eine M9 ( von der M10 kann ich nicht sprechen, da ich sie noch nie benutzt habe ) wohl nicht DEINE Kamera.

Ich – und das zeigen bestimmt einige der Bilder – hätte den Tag gestern „anders“ aber dennoch in seiner Gänze abbilden können. Jetzt könnt ihr entscheiden, ob ihr den Fotos etwas abgewinnen könnt und ob ein Gefühl in eure Richtung fließt. Vergleicht sie nicht direkt mit meinen sonstigen Reportagen sondern lasst es einfach mal wirken.

Geht nicht gibts nicht !!!